Was heißt hier noch "S-Bahn"?

Pressemitteilung 12/2012, Fahrgastbeirat Dreisamtal-Hochschwarzwald  ► 

Was heißt hier noch "S-Bahn"? Seit über zwei Jahrzehnten ist die Entwicklung der Fahrgastzahlen im Nahverkehr in der Region eine einzige Erfolgsgeschichte. Seit geraumer Zeit aber schon stößt der gute Wille der Nutzer an Grenzen, weil die Kapazitäten nicht mit dem Bedarf Schritt halten. Seit Jahren wird jede Forderung des Fahrgastbeirats Dreisamtal-Hochschwarzwald nach überfälligen Verbesserungen mit einem Verweis auf das Konzept der Breisgau-S-Bahn 2020 beantwortet, an dem nun schon fast zwei Jahrzehnte gearbeitet wird. Ob Kapazitätserweiterungen für chronisch überfüllte Züge, dichtere Takte oder behindertengerechte Bahnhöfe – immer wieder heißt es, im Rahmen des Breisgau-S-Bahn-Konzepts würde das Problem gelöst. Immerhin: Eines schien man endlich verstanden zu haben: Eine konsequente Benutzung eines ÖPNV bedingt, dass (a) der Fahrgast nicht mehr auf einen Fahrplan schauen muss, wenn er/sie ohne nennenswerte Wartezeiten von A nach B möchte, und (b) keine nennenswerte Fußwege zwischen Wohnung bzw. Arbeitsplatz und Bahnhof mehr anfallen. Dies sind zwei ganz wesentliche Elemente eines „S-Bahn“-Verkehrs.

Doch nun entpuppt sich alles als leere Vertröstung. Die Deutsche Bahn präsentiert neue Kostenrechnungen, deren eklatantes Überschreiten der bisherigen Kalkulationen nicht nachvollziehbar ist. Das Konzept, das über etliche Jahre entwickelt worden ist, wird nun hastig zusammengestrichen, bis es wieder in den Kostenrahmen passt. Aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis bleibt dabei auf der Strecke. Von den Versprechungen bleibt nicht viel übrig. Nicht einmal dem Namen „S-Bahn“ wird das Konzept noch gerecht, wenn weder Haltestellendichte noch Verkehrstakt entscheidend verbessert werden. Und wieder wäre die Chance für einen Aufbruch in einen zukunftsfähigen, umweltfreundlichen und attraktiven Nahverkehr auf unbestimmte Zeit vertan. Dabei deckt das Konzept, von offizieller Seite als „ambitioniert“ bezeichnet, gerade einmal den aktuell dringlichsten Bedarf, da in den letzten Jahren im Wesentlichen nur Kürzungen statt Erweiterungen stattgefunden haben. Bereits in dieser Phase sind weitere dringende Ausbaustufen (etwa einige zusätzliche Haltepunkte dort, wo sich Wohngebiete konzentrieren) schon dem Kostendruck zum Opfer gefallen.

Der Fahrgastbeirat spricht sich deshalb ganz entschieden gegen die neuerdings diskutierten Abstriche aus. Das Problem ist vielmehr an der Wurzel zu packen. Die scheinbare Explosion der Kosten deutet nicht auf eine verantwortungsvolle Planung der Ausbaumaßnahmen seitens der DB AG hin. Der Fahrgastbeirat fordert daher Deutsche Bahn und Politik auf, konstruktiv an der Umsetzung des ursprünglichen Konzepts festzuhalten. Gemeinsam muss eine Lösung gefunden werden, wie die Kostenexplosion eingedämmt werden kann, ohne das Konzept auszuhungern. Notfalls muss die Detailplanung in kompetentere Hände gelegt werden. Wegen der Rahmenbedingungen der Bezuschussung durch Bund und Land ist Eile geboten. Es wäre eine Bankrotterklärung aller Seiten, den Schienenverkehr in unserer Region über den Finanzierungsstreit nun auf das sprichwörtliche Abstellgleis zu schieben.

 

Verantwortlich i.S.d.P.:
Dr. Wolfgang Kamke, Keltenring 197, 79199 Kirchzarten,
Tel 07661-2338, E-Mail: kamke@physik.uni-freiburg.de
für den Fahrgastbeirat Dreisamtal-Hochschwarzwald

Internet: http://www.rvf-fahrgastbeirat.de/ost/index.html 
© 2012 Fahrgastbeirat Dreisamtal-Hochschwarzwald (Wolfgang Kamke, 10. 12. 2012)

 

Datum
10 Dezember 2012